Der Flügelaltar unserer Josephskirche

Ist die St. Josephskirche zu Memmingen ein Abbild des himmlischen Jerusalems, so ist sie es in einer besonderen Verbindung mit dem hl. Joseph. Wenn Jesus uns sagt: „Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen" (Joh. 14,2), dann bildet eine Kirche zu Ehren des hl. Joseph dessen Wohnung im Himmel ab.
Wie der hl. Joseph uns hilft, die Väterlichkeit Gottes besser fassen zu können, so hilft er uns in der geweihten Kirche, die Herrlichkeit Gottes anzuschauen. Das Bildnis des Pflegevaters Jesu selbst, das den Gläubigen der Gemeinde seit langem lieb und vertraut ist, bildet den strahlenden Mittelpunkt des Altaraufbaus. Dieser Figur treten Szenen aus dem Leben des hl. Joseph zur Seite. Der Gläubige sieht etwas von seinem irdischen Leben mit Jesu.
Der goldene Flügelaltar zeigt also in der Mitte den hl. Joseph und um ihn herum von links nach rechts seine Vermählung mit der Gottesmutter, die im Traum ergangene Weisung des Engels, die hl. Jungfrau nicht zu verlassen, und dann auf der Epistelseite - die Geburt des Erlösers und die hl. Familie. Die schmalen Flügel links und rechts tragen Inschriften, die auf die biblischen Vorbilder des hl. Joseph hinweisen.
Auf seinen Namensvetter, den ägyptischen Joseph und auf seinen Stammvater, den König David. Durch diese steht der Altar in klarer Beziehung zu den beiden großen Bildern, die den Bogen über dem Altarraum schmücken.
Wird der Altar vor allem in der Advents- und Fastenzeit geschlossen, so werden in unterschiedlichen Grautönen, sog. „Grissaillen", wie die Flucht nach Ägypten, die Suche des zwölfjährigen Jesus, der im Tempel lehrt sowie der Tod des hl. Joseph vorgestellt.
Der heilige Joseph
Die großzügig vergoldete Figur des Kirchenpatrons steht in einer indirekt beleuchteten goldenen Nische, die einzelnen Szenen auf der meistens sichtbaren Altarinnenseite sind vor schweren Goldbrokatvorhängen angesiedelt. Dieses Gold ist nicht ein beliebiger Schmuck, sondern sozusagen „die Farbe Gottes". Gold ist das edelste und dauerhafteste Metall Gold stellt die überragende Herrlichkeit Gottes dar. Neben dem Gold versinnbildlicht die Lilie die ganze Schönheit und Reinheit Christi.

Auch sie ist nicht nur am Altar, sondern in den Ornamenten der ganzen Kirche - etwa bei der Zier der Lampen und der Apostelleuchter - immer wieder sichtbar.
Die vier auf dieser Seite gezeigten Szenen aus dem Leben des Nährvaters Jesu sind aber nicht nur durch die vergoldeten Vorhänge verbunden, sondern auch durch die Marmorsockel, auf denen sie angesiedelt sind.
Außerdem ist über den Vorhangstangen der Himmel sichtbar: Links geht über der Vermählung die Sonne gerade unter. Die Nacht kündigt sich an, in der Joseph im Traum den Engel sieht, und vor allem die Heilige Nacht der Geburt des Erlösers.
Ganz rechts ist die frische Morgensonne zu ahnen, denn von Nazareth aus, wo die Heilige Familie lebt und arbeitet, geht ja die Sonne unseres Heilands, Jesus, auf und läuft „wie ein Held seine Bahn" (Ps. 19,6).
So sehr die Szenen in sich selbst stehen, sind sie doch auch rein formal aufeinander bezogen. Die äußeren Dreiergruppen - die Vermählung und die hl. Familie - ruhen ganz in sich. Auf den beiden inneren Tafeln öffnet jeweils ein Engel eine Seite des Vorhanges, um eine weitere kleine Darstellung in der Ferne sichtbar zu machen. Während die linken und rechten Marmorsockel kleine Medaillons zieren, sind unter dem Traum des hl. Joseph und dem Weihnachtsbild Schriftzüge in den Stein geschlagen.
So sehr also die Tafeln des Flügelaltares von links nach rechts dem geschichtlichen Geschehen folgen, sind sie doch zusätzlich inhaltlich und formal aufeinander bezogen, so dass eine lebendige Symmetrie dem ganzen Altar eine spannungsvolle Ruhe verleiht.
