H. H. Pfarrer Josef Heiss - der Fels in der Brandung

Quelle: Kirche St. Joseph Memmingen

Am 18. März 1988 verstarb H. H. Pfarrer Josef Heiss, Pfarrer von Haslach. Es war der Vorabend des Josefsfestes. Er war 1906 in Ottmannshofen bei Leutkirch als achtes von zehn Kindern geboren und machte zuerst eine Ausbildung zum Käser. Drei seiner Schwestern wurden Ordensfrauen. Eine davon ging in die Mission nach Afrika und zwei nach Amerika. Die jüngste war erst 13 Jahre, als sie über den Atlantik fuhr um dort in ein Kloster einzutreten. Ein weiterer Bruder wurde Priester, sodass fünf der zehn Kinder den geistlichen Stand wählten.

Ein alter Pfarrer gab dem jungen Josef in weiser Voraussicht sonntags Lateinunterricht. Dann trat er ins Spätberufenenseminar in Aschaffenburg ein und machte im Konvikt in Ehingen das Abitur. Die Zulassung zum Studium in Deutschland setzte einen dreijährigen Arbeitsdienst im Hitlerregime voraus. Deshalb absolvierte Josef Heiss in Salzburg seine Studien für Theologie und Musik. 1938 wurde er mit mehreren Mitbrüdern für die Diözese Oslo in Norwegen bestimmt und empfing in der Wallfahrtskirche Weggental die Priesterweihe. Er empfing innerhalb von drei Tagen alle sieben Weihen, am ersten Tag die vier niederen Weihen am zweiten Tag das Subdiakonat und Diakonat und am dritten Tag die Priesterweihe. Der Bischof erlaubte in dieser Notsituation die Nichteinhaltung der Interstitien. Das sind die Zeiträume, die normalerweise zwischen den einzelnen Weihen eingehalten werden müssen. 

Nach seiner Heimatprimiz, bei der es wegen der feierlichen Beflaggung des Ortes zu Repressalien kam, musste er baldmöglichst nach Oslo abreisen. Als die deutschen Soldaten auch nach Norwegen kamen, fiel er beim Beichthören den Soldaten wegen seiner deutschen Sprachkenntnis auf. Eine polnische Ordensfrau verriet ihn, dass er Deutscher sei, sodass er zum ersten Mal ins Konzentrationslager musste. Später kam er noch ein zweites Mal in ein KZ.

Einmal wurde er zum Tode verurteilt und sollte sich vom vierten oder fünften Stockwerk eines Gebäudes in den Tod stürzen. Zuerst mussten aber die Todgeweihten die Leichen ihrer Vorgänger beseitigen. Bevor er an die Reihe kommen sollte, wurde er von einem ihm Unbekannten mit einer Pfanne bewusstlos geschlagen. Dieser Unbekannte wusste wohl, dass er Priester sei. Als „Toter“ wurde er auf einem Mistwagen aus dem KZ geschafft und überlebte so. Als bekannt wurde, dass er noch lebte, wurde er von der SS gesucht. Tatsächlich fand man ihn und schickte ihn als Soldat an die Ostfront nach Minsk. Er flüchtete jedoch mit einem Russen. Drei Tage und Nächte verbrachten sie auf einem Baum bei eisiger Kälte. 

Auf langen Umwegen kam er nach Stockholm, wo er den Bischof aufsuchte. Von da an arbeitete er 18 Jahre in Schweden in der Diaspora. Die Schweden, wenngleich auch viele Protestanten waren, waren sehr vornehm gegenüber den Geistlichen. Die Größe seiner „Pfarrei“ Gotland war etwa so groß wie das Land Baden-Württemberg. Schwester Pasqualina, die den Haushalt Papst Pius XII. versah, versorgte die Mission in Schweden mit großen Paketen mit Kelchen und Paramenten und was sonst notwendig war. Eines Tages mussten sie abenteuerlich mit einem Eisbrecher auf eine Insel vorstoßen, um dort Weihnachten mit den Katholiken feiern zu können.

 

1956 kehrte er freiwillig nach Hause aufs Festland zurück und besuchte seinen Bruder in Rattenberg am Inn in Tirol, der dort als Priester wirkte. Er wurde kurzfristig zum Pfarrverweser von Haisterkirch bei Bad Waldsee ernannt und dann zum Pfarrer von Haslach, wo ihm ab 1960 seine Nichte den Haushalt machte. Auf der ersten Fahrt ins Dorf hörte er das Geläut der Pfarrkirche und stellte fest: „Do fehlt e C.“ Darum ließ er bald die erste Glocke der Firma Perner in Dur-Tonart gießen.

Ein Pony und ein Haflinger mit Wagen weideten im Pfarrgarten, da der Pfarrer alle Tiere sehr liebte, gemäß dem Worte – der Gerechte erbarmt sich auch den Tieren. 

Zu zweit brachten der Pfarrer und die Nichte die hl. Kommunion auch auf die außerorts liegenden Höfe, wobei im Winter die Nichte dem alternden Pfarrer den Weg durch den Schnee bahnen musste. Ab 1962 wurde ihm auch die Pfarrei Tannheim anvertraut, wo der Graf und die Gräfin ihn wohlwollend aufnahmen. Der Graf sandte jedes Jahr seinen Förster zum Aufstellen der Christbäume in die Pfarrkirche von Haslach. Ab 1963 konnte sich der Pfarrer ein Auto anschaffen, was die Nichte lenken sollte. Manchmal fuhr er aber auch selbst mit dem Moped nach Mooshausen, wo er die Seelsorge auch übernahm. Pfarrer Heiss lag es am Herzen seinen Schäflein ein wahrer Hirte zu sein. Darum beugte er sich auch nicht den zunehmenden Repressalien, als er die Zelebration der neuen Messe hartnäckig und bestimmt nach dem Konzil verweigerte. Wie könnte auch ein Mann, der schon so viel durchgemacht hat und selbst am eigenen Leib erfahren hatte, was es bedeutet Opfergabe zu sein, das hl. Messopfer unseres Herrn gegen eine Abendmahlfeier zu vertauschen? 

Viele Schikanen hatte er von nun an zu erdulden. Von offenen Angriffen über den „altmodischen“ Pfarrer bis dahin, dass man die Kinder dann lieber zu den Nachbargemeinden zum Taufen brachte, weil diese es „schöner“ machten, moderner also; aber wohlgemerkt ohne den früheren Exorzismus gegen den Teufel. Die Kirche hatte das bis zum Konzil immer sehr ernst genommen. Darauf führte der Pfarrer später sehr viel nachfolgendes Leid in den Familien zurück. 

Tägliche kleine Sticheleien waren an der Tagesordnung. Der gute Hirte aber hat nicht auf- und nicht nachgegeben. Er sagte immer, er könne nur das an seine Pfarrkinder weitergeben, an was er selbst glaube. Von überallher kamen immer mehr gläubige Katholiken nach Haslach.

Pfarrer Heiss sagte immer den Leuten, denen er auch reichlich und oft den Krankensegen spendete, sie müssen glauben. Den großen Mangel an Glauben sah er als Grund für viel Leid und Krankheit an. Er war unermüdlich, wenn es darum ging, seinen Pfarrkindern beizustehen, die Kommunion in die entlegensten Krankenstuben bei Wind und Wetter zu bringen und seinen wohltuenden Segen zu spenden, der viele Genesungen mit sich brachte, was sich herumsprach, sodass der gute Pfarrer im stillen immer viel zu tun hatte und oft darüber nachdachte, was er noch tun könnte, den Glauben wieder in die Herzen zu bringen. Das brachte ihn oft an den Rand der Verzweiflung. Aber sein tiefer Glauben und seine Liebe zu seinen Pfarrkindern trug immer den Sieg davon; er blieb beharrlich und treu. 

Bemerkenswert war auch, dass dieser Segen nicht nur den Menschen gut tat sondern auch krankem Vieh. Auch der Wettersegen von Pfarrer Heiß hat so manches Unwetter abgewendet, zumal er dabei immer die von ihm gestiftete Wetterglocke läuten ließ, die dem Patron der Kirche, dem heiligen Josef geweiht ist und die Inschrift trägt „Vor Blitz, Hagel und  Ungewitter bewahre uns Herr Jesus Christus“. 

Er nahm sich auch den Tieren an, die Hilfe brauchten und musste sich auch hier so manches anhören. Er aber sagte in seiner stillen und etwas wortkargen Art: Die ganze Schöpfung hat der liebe Gott gemacht. 

Er gab sich immer ganz. Er trug still und tapfer das Kreuz seiner Gemeinde mit.  

Die Wirkung seines priesterlichen Segens, den er zu Lebzeiten Mensch, Acker und Vieh großzügig und ganz bewusst spendete, blieb nicht aus.  Nicht umsonst stehen an seinem Grab ein paar schlichte Täfelchen „der Pfarrer Heiß hat geholfen“. 

Schließlich wurde der Pfarrer 1987 zwangspensioniert und erlitt danach einen Herzinfarkt, woraufhin er am 18.3.1988 starb. Er vertraute ganz auf das aufkeimende Werk Erzbischof Lefebvres, deren Diakone und Priester in den letzten Jahren in der Pfarrei aushalfen. 

Dachte die Diözese, mit ihm stürbe der „Spuk von Haslach“ aus, hatte sie sich schwer getäuscht. Sein Segen wirkt bis heute!