Kapelle am Tummelplatzweg in Memmingen
Die Auszüge des folgenden Berichts verfasste Herr Ulrich Schlecht sen. für die Festschrift zur Kirchweihe im Jahr 2000. Herr Schlecht war Vorbeter in der Pfarrkirche in Haslach und später bis zu seinem Tod mehr als 30 Jahre Vorbeter und auch Mesner in der Kapelle am Tummelplatz und in der neuen Josephs-Kirche.
„Wenn wir heute einen geschichtlichen Rückblick halten wollen auf die Entstehung unserer Gemeinde in Memmingen so müssen wir in allererster Linie einen Priester erwähnen der bereits in den Jahren des 2. Vatikanischen Konzils wie ein Fels in der Brandung stand, H.H. Pfarrer Josef Heiß von Haslach.
Unbeirrt und mit großem Glaubensmut verkündete er den wahren Glauben und hielt der wahren hl. Messe die unverbrüchliche Treue. Da landauf landab in den Kirchen der Modernismus Einzug hielt, schätzten wir uns glücklich einen treukatholischen Priester zu haben, der uns mit seinem guten Beispiel vorangehend, im Glauben stärkte.
Die auswärtigen Kirchenbesucher wurden immer mehr. Sie alle suchten doch nichts anderes als die gute rechte hl. Messe und der gute Pfarrer wies niemand zurück.
Angesichts der großen Schar von Gläubigen zelebrierte der Hr. Pfarrer jeden Sonntag drei hl. Messen. Dank der unermüdlichen Hilfe seiner Nichte, die als Haushälterin, Organistin und Ministrantenausbilderin Mädchen für alles war und seines fleißigen Mesners konnte er dieses Pensum bewältigen.
Doch ist leider auch für den Hr. Pfarrer die Zeit nicht stehen geblieben, obwohl wir uns es sehr gewünscht hätten. So waren auch bei ihm ungefähr Mitte der 80er Jahre Merkmale des Älterwerdens nicht mehr zu übersehen. Sein Hausarzt gab sich zwar alle Mühe, aber wenn Gott es anders beschlossen hat, muss alle ärztliche Kunst versagen.
So hat er als der göttliche Hohepriester seinen treuen Diener in der Frühe des 18. März 1988 zu sich gerufen und ließ ihn seinen Namenstag mit seinem Patron im Himmel feiern. Für uns aber war der Tod unseres Seelsorgers die Stunde der Entscheidung, wo wir uns bekennen mussten, ob der Same des Glaubens Frucht tragen würde.
Zunächst war uns natürlich klar, dass nun die Wende zum Modernismus eintreten würde. Am Sonntag nach dem Verscheiden unseres lieben Pfarrers - er war im Chorraum aufgebahrt - zelebrierte der Distriktobere der Priesterbruderschalt die letzte hl. Messe im tridentinischen Ritus.
Der Gottesdienst war eben beendet, da betrat der nun zuständige Pfarrer von Rot a. d. Rot die Kirche, ging durch den Mittelgang zum Altar und stellte sich vor den Lautsprecher und verkündete, dass nun die Zeit für die Priester aus Zaitzkofen vorbei sei. Er gab noch Einzelheiten der Beerdigung bekannt und wie in Zukunft die Gottesdienstzeiten sein werden, darauf verließ er die Kirche.
Selbstverständlich trafen wir uns nachher mit dem H. H. Pater Franz-Joseph Maeßen um uns mit ihm zu beraten, denn uns war klar, dass es mit der Tradition weitergehen muss.
Nun zeigte sich wie wertvoll die Gründung der Priesterbruderschaft St. Pius X. durch seine Exzellenz Erzbischof Lefebvre auch für uns war. Sie war auch für uns jetzt der einzige und unverzichtbare Rettungsanker. Klar war uns auch, dass die Pfarrkirche für die gute alte hl. Messe nun verschlossen sei und wenn wir der Tradition treu bleiben wollten, wir eine andere Heimat suchen mussten.
Da jetzt in unserer Pfarrkirche das hl. Messopfer nicht mehr gefeiert werden konnte bzw. durfte, mussten wir sehen wie wir die Zeit überbrücken konnten. Um also unsere Sonntagspflicht ungebrochen erfüllen zu können, fuhren wir jeden Sonntag zu den Kapellen der Bruderschaft nach Ulm und Göffingen. H. H. Pater Maeßen teilte uns mit, dass er es am liebsten sehen würde, wenn wir hier in Haslach etwas finden würden, denn dann könnten die Gläubigen weiterhin hierher kommen. Also machte ich mich mit einem treuen Helfer an die Arbeit. Nach kurzer Suche wurde uns kostenlos ein Raum zur Verfügung gestellt. Klar, daß wir hellauf begeistert waren, doch Frl. Heiß bremste unseren Optimismus, womit sie auch recht behielt.
Noch bevor der Abend hereinbrach kam die telefonische Absage.
Das hieß für uns: Was nun? oder mit anderen Worten "Allein sind wir auf verlorenem Posten!"
Hiermit war wiederum klar, dass wir auf die Hilfe der Priesterbruderschaft angewiesen waren. So berichteten wir den Stand der Bemühungen dem Distriktoberen, der daraufhin die Sache in die Hand nahm.
Die hochw. Patres Maeßen und Müller fuhren nach Memmingen, da sich die Erkenntnis durchsetzte, dass man in der Stadt unabhängiger ist und sich gerade dort solche ein Projekt leichter durchsetzen lässt. Sie sprachen nun beim Oberbürgermeister vor, um zu erkunden ob der schöne Raum im ehern. Kreuzherrenkloster am Hallhof in Frage kommen könnte. Der OB war zwar sehr freundlich, konnte aber den Raum nicht zur Verfügung stellen. Doch ebenso schnell fand sich Ersatz.
Durch die Vermittlung von Kaplan Dettman konnte Kontakt mit einem Rechtsanwalt ausgenommen werden, welcher Mitbesitzer eines Mehrfamilienhauses am Tummelplatz in Memmingen ist. In diesem Gebäude befand sich ein Supermarkt, der nun zu unserer Kapelle hergerichtet wurde. Damit hatten wir wieder eine neue Heimat.
Nun war zu klären, wer Patron unserer neuen Kapelle werden sollte. Schnell waren wir uns einig, dass der hl. Josef doch dafür am Besten geeignet sei und so geschah es auch. Die Zahl der Helfer vermehrte sich, so konnten wir bereits zu Beginn des Monats Mai 1988 die erste hl. Messe mitfeiern, nachdem der Distriktobere Pater Maeßen die angehende Kapelle zuvor gesegnet hatte.
In den ersten zwei Jahren war dann der H. Pater Müller unser Seelsorger,
H. Kaplan Dettmann feierte jeweils am Freitagabend die hl. Messe.
Nachdem H. Pater Müller eine andere Aufgabe erhielt, bestimmten die Oberen der Bruderschaft den inzwischen neu geweihten Pater Dickele zu unserem Seelsorger.
Wir danken Gott, dass er dies bis zum heutigen Tag ist.
(P. Dickele war bis August 2018 Seelsorger in Memmingen)
Da ich beim Hr. Pfarrer Heiß bereits verschiedene Dienste ausübte wurde ich auch hier gebeten den Mesnerdienst zu übernehmen. Auch hatte ich anfangs die Kollekte zu verwalten, doch spielte sich alles bald gut ein und so wurden dann die verschiedenen Dienste auf mehrere Schultern verteilt.
Der Mesnerdienst allerdings ist mir bis heute geblieben.
In den ersten Jahren war der Andrang der Gläubigen sehr groß und es herrschte in der Regel große Enge. Einerseits war es erfreulich, dass viele Leute kamen, andererseits aber herrschte im Raum im wahrsten Sinne des Wortes dicke Luft, denn nach dem Tod von H. H. Pfarrer Rosenberger 1990, der in Maria Rain bei Kempten segensreich wirkte, strömten sehr viele Allgäuer nach Memmingen.
Mit der Zeit aber entstanden dann in Bodelsberg bei Kempten als auch in Neugablonz neue Kapellen. So kehrten bei uns allmählich platzmäßig normale Verhältnisse ein.
Langsam fühlten wir uns zwar fast wie zu Hause, doch irgendwie fühlten wir, daß es ein Provisorium ist. Und so war es, wenn ich mich recht erinnere, H.H. Pater Dickele einer der ersten welcher den Gedanken zur Diskussion stellte, ob wir nicht eine neue Kirche bauen könnten, da auch die monatliche Miete laufende Unkosten verursachte (ca. 200 000 DM in 10 Jahren).