Was können wir für die Armen Seelen tun? (Teil 1)
Liebe Gläubige,
die Natur ist wie ein Bilderkatechismus, aus dem wir viel lernen können. Wenn wir jetzt im Spätherbst einen Blick in diesen Bilderkatechismus werfen, zeigt sich uns folgendes Bild: die Felder sind abgeerntet und umgepflügt, die nackte schwarze Erde ist zu sehen. Die Bäume und Sträucher, die im Frühjahr so herrlich geblüht haben, werfen ihre Blätter ab und sind bald völlig kahl. Die Wiesen haben ihr saftiges Grün verloren und zeigen sich uns nur noch als kraftlose braune Flächen. Nicht selten ist die Landschaft in den trüben Novembertagen in einen dichten, kühlen und feuchten Nebelschleier gehüllt.
Wenn nicht gerade einer der seltenen goldenen Herbsttage ist, dann ist es eine ziemlich trübe und traurige Stimmung, die uns die Natur in diesen Tagen bietet. Die Natur scheint zu sterben. Dieses alljährliche Naturschauspiel erinnert uns daran, dass die Welt mit all ihrer Pracht und Herrlichkeit vergänglich ist. Das gilt nicht nur für die Pflanzen, sondern auch für die Tiere und… für jeden von uns Menschen! Schon vor vielen tausend Jahren sang König David: „Wie das Gras, das keimt, am Morgen blüht und sprosst und am Abend gemäht wird und verdorrt. So schwinden wir dahin… Unsere Tage eilen dahin. Unsere Jahre schwinden wie ein Gedanke…“ (Ps 89). Und der heilige Paulus fasst es kurz und bündig zusammen: „Es ist dem Menschen gesetzt einmal zu sterben und darauf folgt das Gericht…“ (Hebr 9,27)
Die Kirche erinnert uns in diesen kurzen, trüben und dunklen Novembertagen daran, dass wir hier auf Erden keine bleibende Stätte haben. Wir alle müssen eines Tages sterben. Und dann…? Spielen wir kurz dieses Ereignis durch, das uns alle eines Tages ereilen wird. Nehmen wir uns ein Weilchen Zeit und stellen wir uns einmal vor, dass wir in wenigen Augenblicken plötzlich aus heiterem Himmel vom Tod überrascht würden. Was würde dann eigentlich mit mir passieren?
Wenn ich sterbe, trennt sich meine Seele von meinem Leib. Mein Leib wird bald begraben werden und im Grab verwesen. Meine Seele wird sofort vor Jesus erscheinen, dem ich seit dem glücklichen Tag meiner hl. Taufe ganz und gar zu eigen bin, der mir sooft während meines Lebens Barmherzigkeit erwiesen hat und dem ich während meines Lebens wieder und wieder aufs Neue Treue versprochen habe. Jetzt ist er mein Richter! Er prüft mein ganzes Leben. Sein unendlich gerechtes Gericht kennt nur drei mögliche Urteile, die wie folgt ausfallen können:
Wenn ich bei meinem Tod nicht im Stand der heiligmachenden Gnade bin, das heißt, ich sterbe mit einer schweren Sünde auf dem Gewissen, dann komme ich sofort und für immer in die Hölle.
Wenn ich im Stand der heiligmachenden Gnade sterbe, gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder komme ich sofort in den Himmel, was dann der Fall ist, wenn ich heilig gelebt habe. Oder ich komme ins Fegfeuer, wenn ich bei meinem Tod noch nicht alle zeitlichen Strafen, die ich für meine Sünden verdient habe, durch Gebet und Opfer abgebüßt habe.
Weil unsere Liebe zu Jesus meist nicht so vollkommen ist, wie sie sein sollte, gehen wir nun davon aus, dass unsere Seele ins Fegfeuer müsste. Die Seelen im Fegfeuer nennt man „arme Seelen“. Und auch meine Seele wäre dort eine „arme Seele“. Warum „arm“? Arm ist jemand, der sich nicht selbst helfen kann und deshalb auf fremde Hilfe angewiesen ist. Je weniger sich jemand selbst helfen kann und je größer die Not, desto ärmer. Deshalb gibt es niemand, der ärmer ist, als die armen Seelen im Fegfeuer. Sie können überhaupt gar nichts für sich selbst tun und ihre Not ist unvorstellbar groß. Sie leiden furchtbare Qualen. Sie können nichts anderes tun, als ihre Strafe geduldig ertragen, bis sie alle ihre verdienten Strafen abgebüßt haben.
Deshalb sind die armen Seelen auf fremde Hilfe angewiesen – auf unsere Hilfe, liebe Gläubige! Den armen Seelen zu helfen ist ein Werk der Nächstenliebe und der Barmherzigkeit. Stellen wir uns vor, wir selbst wären eine von diesen armen Seelen und es ist nicht unwahrscheinlich, dass wir tatsächlich irgendwann einmal eine Zeit lang eine arme Seele sein werden. Überlegen wir uns: Was würden wir dann nicht alles tun, um unsere Not zu lindern, wenn wir es könnten. Genau das was ich dann gern für mich selbst tun würde, dass soll ich jetzt für die armen Seelen tun.
Wie können wir den armen Seelen helfen? Vor allem durch das hl. Messopfer. Indem wir entweder das hl. Opfer der Altäre für die armen Seelen darbringen lassen oder indem wir während des hl. Messopfers für die armen Seelen beten. Weiterhin leisten wir ihnen große Erleichterung durch das Gebet, das wir für sie verrichten und kleine Opfer, die wir für sie aufopfern. Auch indem wir die Gräber der Verstorbenen besuchen, dort beten, sie mit Weihwasser besprengen und geweihte Grabkerzen anzünden. Ebenso wenn wir uns bemühen, die Ablässe für die armen Seelen zu gewinnen, besonders in der Zeit vom 1. – 8. November.
Die Kirche betet ganz besonders am 2. November, dem Gedächtnistag Allerseelen für die armen Seelen im Reinigungsort. An diesem Tag darf jeder Priester drei Mal für die armen Seelen das hl. Messopfer darbringen.
Unsere hl. Mutter die Kirche wünscht von uns, dass wir den armen Seelen im Fegfeuer zu Hilfe kommen und fordert uns dazu vor allem am Allerseelentag und in der Zeit vom 1.-8. November ausdrücklich auf! Nehmen wir diesen Wunsch und diese Aufforderung ernst.