„Volksfrömmigkeit“ – wie sich Liebe äußert

Am Fest der hl. Rita segnet man nach altem Brauch an vielen Orten Rosen zu Ehren der Heiligen. Diese sind dann ein Sakramentale und bewahren uns, wie das Segensgebet ausdrückt, vor den Nachstellungen des Bösen und erlangen uns Schutz, Gesundheit und Vermehrung der Gnade. Die hl. Rita wird vor allem verehrt wegen der unzählbar häufigen Gebetserhörungen in aussichtslosen Anliegen. Ähnlich den Rita-Rosen kennt die Kirche viele volkstümliche, religiöse Bräuche.
Neben der offiziellen, von der Kirche angeordneten Liturgie zur gemeinschaftlichen und öffentlichen Verehrung Gottes, gab es schon zu allen Zeiten die sogenannte „Volksfrömmigkeit“. Das sind Gebete, religiöse Traditionen und Bräuche, die aus der frommen Seele des Volkes hervorgegangen sind. Einmal entstanden, wurden diese von den Bischöfen immer geschätzt und geordnet, Missbräuche, wo notwendig, unterdrückt und das Gute gefördert, vieles sogar in die Ritualien der Diözesen aufgenommen.
Während die Gesetze für die Riten bei den liturgischen Handlungen beim heiligen Messopfer und bei der Spendung der Sakramente keinen Platz für eigene Modalitäten zulassen, ja strikt verbieten, gibt es diese Freiheit bei den Übungen der Volksfrömmigkeit sehr wohl, und ist die Frucht aus einer tiefen Glaubensüberzeugung, der Liebe und Freude am Heiligen und an den Heiligen.
So entstanden viele Prozessionen, wie die Flurprozessionen oder die Georgsprozessionen der Kinder, der Wettersegen mit dem Kreuzpartikel, die Heilig-Grab-Feier am Karfreitag und die Auferstehungsprozession an Ostern. Vielerorts waren auch Priester die Initiatoren volkstümlicher, religiöser Bräuche. So werden an manchen Orten wie in Oberammergau regelmäßig Passionsspiele veranstaltet, weil das Volk mit seinem Pfarrer diese in Zeiten der Not gelobt hat.
Manche Bräuchte gehen auf die Verehrung der Heiligen zurück, wie der Hubertus-Ritt, die Segnung der Rita-Rosen, das Agatha-Brot, der Blasiussegen, die Kräuterweihe am Fest Mariä Himmelfahrt. Andere Traditionen sind durch die Verehrung der Reliquien entstanden wie der Heilig-Blut-Ritt in Bad Wurzach oder in Weingarten.
Die Achtung und Pflege der Volksfrömmigkeit ist neben der Regelmäßigkeit des Sakramentenempfangs sicher der beste Indikator für die Glaubensstärke einer Pfarrei, einer Diözese oder eines Landes. Dort wo der Glaube groß ist und mutig bekannt wird, dort werden die Seelen erfinderisch im Ausdruck ihrer Freude an den Glaubensgeheimnissen. Die Festlichkeit einer Fronleichnamsprozession zeigt den Eifer und die Liebe eines Pfarrers und seiner Gemeinde zum eucharistischen Heiland.
„Quantum potes, tantum aude! – Was Du kannst, das sollst du wagen!“ Diese Worte legt uns der hl. Thomas von Aquin am Fronleichnamsfest in den Mund. Die Liebe kennt keine Grenzen. Nur so lässt sich die Vielzahl der Traditionen und Bräuche erklären.