Von der Kapelle zur Kirche
Pater Wolfgang Dickele berichtet in der Festschrift zur Kirchweih am 3. Oktober 2000 von den Etappen und Mühen bis zu Beginn des Kirchbaues.
„Als S.E. Weihbischof Max Ziegelbauer im Jahre 1975 im Zusammenhang mit der Einweihung der jüngsten Stadtpfarrkirche Christi Auferstehung davon sprach, dass mit der Fertigstellung dieser Kirche der Bedarf an katholischen Kirchen für Memmingen gedeckt sei, dachte er, wie auch die Erbauer dieser neuen Kirche sicher nicht daran, dass 25 Jahre später, im Heiligen Jahr 2000, die Konsekration eines weiteren katholischen Gotteshauses auf dem Stadtgebiet sich wie eine wunderbare Fügung ergeben würde.
Wunderbar kommt einem die Errichtung dieses Gotteshauses im wahrsten Sinne des Wortes vor, wenn man Zeit und Umstände bedenkt, unter denen sie entstanden ist.
Wie bildete sich diese Gemeinde? Katholiken aus dem ganzen Umland suchten im Jahre 1988 aus Unzufriedenheit mit der Verweltlichung vielerorts innerhalb der Kirche, die Gelegenheit den Glauben in seinem ganzen Ernst zu erfassen zu können.
Sie fanden die Möglichkeit dazu im überlieferten Messritus, der von mehreren Priestern im Allgäu und Schwaben noch geübt wurde.
Als im Jahre 1988 unweit von Memmingen im württembergischen Haslach, einer der eifrigsten unter ihnen, Pfarrer Josef Heiß verstarb, baten die Gläubigen die jungen Priester der Priesterbruderschaft St. Pius X. die Seelsorge in derselben Weise fortzuführen.
Und da man keine Kirche zur Verfügung gestellt bekam, galt es aus der Not eine Tugend zu machen, einfach einen Raum zu mieten, um weiter der überlieferten Messe beiwohnen zu können und den Katechismusunterricht wie früher zu hören.
Bei zwei hl. Messen am Sonntag war der Saal am Tummelplatzweg 15 bald zu klein und nachdem die Hoffnung in absehbarer Zeit die überlieferte hl. Messe wieder in den katholischen Kirchen lesen zu dürfen immer geringer wurde, kamen schon bald die ersten Gedanken auf, eine eigene Kirche zu bauen.
Worte wie „solch ein Raum hat etwas sektenhaftes an sich" oder wie einer von den Jugendlichen zu seiner zögernden Mutter sagte „in dem Raum will ich gewiss nicht für immer bleiben" zeigen die Sehnsucht der Gläubigen nach einem würdigen Gotteshaus.
In der Tat, schon bald nach der Einrichtung der Kapelle durch H.H. Pater Tilo Müller 1988, saßen Anton und Erwin Lang sowie Pater Dickele als Nachfolger von Pater Müller, in der Stube bei Familie Lang über einer Landkarte um nach einem betreffenden Standort zu suchen. Die Zeit war jedoch noch nicht reif. Es ergaben sich andere Gründungen von größeren Kapellen in Bodelsberg und Weihungszell.
Dadurch nahm die Anzahl der Gläubigen von 300 pro Sonntag auf 200 ab und der Distriktobere H.H. Pater Maeßen sah unter diesen Bedingungen einen Kirchbau in Memmingen als nicht sinnvoll an. Denn wie konnte von 200 Personen ein Millionenprojekt bezahlt werden. Das schien berechtigter Weise unmöglich. So blieb alles zunächst nur ein frommer Wunsch. Doch der Gedanke das Unmögliche zu verwirklichen mochte bei den Gläubigen nicht sterben.
Mit viel Eigenleistung und Einsatz muss es trotzdem möglich sein.
Nach einiger Zeit, ca. zwei Jahre, trat der Gedanke wieder schärfer auf: „In diesem Raum bleibe ich nicht für immer“. Ein neuer Vorstoß wurde unternommen und die Leitung der Bruderschaft konnte für das Unternehmen gewonnen werden. Die Gemeinde war bis auf wenige Ausnahmen bei jung und alt ganz begeistert.
Nun begann das Sparen und das Suchen für ein Grundstück. Doch nicht das Sparen sondern die Grundstücksuche wurde zur großen Prüfung des Kirchenbaus.
Während drei Jahren von 1993 bis 1996 fand man kein geeignetes Grundstück. Hinzu kam, dass man sich selber schwer tat, sich für das Richtige zu entscheiden. Als der jetzige Standort von der Stadt selber angeboten wurde, bemühte man sich zuerst einige Zeit um ein vermeintlich besseres in der Nähe des Fliegerhorstes in Memmingerberg. Darüber hinaus waren zuvor Projekte in der Nähe des Bahnhofs - eine alte Lagerhalle, die aber zu teuer war - sowie in der Schießstattstraße, aber auch in Aitrach, Buxheim und nicht zuletzt in Tannheim anvisiert worden.
Herr Anton Lang hatte dort ein schönes Grundstück ausgekundschaftet, allein der Bürgermeister und Gemeinderat von Tannheim lehnten auf Druck des Pfarrers das Projekt ab, nachdem man zuerst nicht ablehnend eingestellt war. Schließlich entschied man sich doch für den jetzigen Standort. Doch wer gedacht hätte, der Baubeginn würde kurz vor der Türe stehen, sah sich gewaltig getäuscht. Tausende Schwierigkeiten und Verzögerungen bezüglich Vermessung und Aufteilung des Grundstückes ergaben sich, so dass bis zur Einreichung des eigentlichen Bauantrages durch unseren Architekten Herrn Haaß, nochmals über ein Jahr ins Land ging.
Einige Gläubige hatten nach jahrelangem Warten bereits aufgegeben. „Das wird wohl nichts mehr“, hörte man enttäuscht sagen.
Einige aber waren immer voll unverrückbarer Sicherheit geblieben. „Ich habe keine Sekunde gezweifelt, dass die Sache etwas wird". Tatsächlich, nachdem die Voranfrage bereits positiv beantwortet wurde, kam schließlich der Bauantrag ohne kleinste Schwierigkeit bei der Stadtratssitzung zur Befürwortung - nicht zuletzt durch die Geradlinigkeit und Zielstrebigkeit von Herrn OB Holzinger.
Es war Oktober 1997. Der März 1998 sah den Baubeginn, wobei es nun wie ein Ruck durch die Gläubigen gegangen war. Alle waren da, um wie ein Mann zusammen zu helfen. Die Berufstätigen arbeiteten am Wochenende und wenn notwendig (das war oft der Fall) von 20.00 Uhr bis 24.00 Uhr in der Nacht, speziell die Elektriker und der Installateur, damit die Maurer- und Gipserarbeiten am folgenden Tag wieder fortgesetzt werden konnten.
Viele halfen tage- und wochenlang ohne Unterbrechung freiwillig mit. So konnte nach viereinhalb Monaten das Richtfest und nun nach zweieinhalb Jahren Bauzeit die Einweihung stattfinden. Für mich als Seelsorger war es bei solchem Einsatz und Herzensgroßmut der Gläubigen, bei allen Schwierigkeiten die auftraten, eine große Freude bei diesem wunderbaren Werk dabei sein zu dürfen und mit anzusehen, wie der Herrgott mit der Hilfe einfacher, gläubiger Menschen so ein Werk entstehen lässt.
Weshalb ist diese Kirche entstanden? Um den Herrgott zu ehren und die katholische Kirche und den Gläubigen Hoffnung und Freude zu schenken: darum haben die Gläubigen dieser Gemeinde nicht Opfer und Mühen gescheut, ja war es für sie eine Ehre bis an den Rand ihrer Kräfte zu gehen um dem unsichtbaren, heiligen Gott eine würdige Wohnung zu bereiten.
Bei Gott ist die gute Absicht nicht vergessen.